Stephen King – Der Anschlag, gelesen von David Nathan
Gesamtbewertung
4.0
Plot / Unterhaltungswert
4.0
Charaktere
4.0
Sprache & Stil
4.0
Sprecher
4.0
Der Dinerbesitzer Al Templeton tritt mit einer verrückten Bitte an den Highschoollehrer Jake Epping heran - er bittet ihn, über ein Zeitloch im Diner in die Vergangenheit zu reisen und Lee Harvey Oswald daran zu hindern, John F. Kennedy zu erschießen. So reist Jake in das Jahr 1958 zurück und beginnt dort ein Leben als George Amberson. Nach und nach kommt er Oswald auf die Spur - erfahren wir hier die "wahren" Umstände um den Tod Kennedys? Wird es George gelingen, Oswald aufzuhalten? Und wenn er es schafft, wird es die erhoffte Wirkung auf die Zukunft haben?
Zeitreisen einmal anders. Die typischen Zeitreiseprobleme umgeht Stephen King hier ziemlich elegant. Al weiß nicht, wie sein "Kaninchenbau" wie er seinen Zeittunnel nennt, funktioniert - also gibt es auch kein Erklärungsmodell. Auf die Frage, ob es nicht eine Katastrophe auslösen kann, wenn man seinen eigenen Großvater umbringt, antwortet Al sinngemäß: "Wer zum Teufel würde denn so etwas tun?" Und so beschäftigt sich die Geschichte lange Zeit nicht mit den logischen Aspekten der Zeitreise.
George reist also in die Vergangenheit und richtet sich dort ein Leben ein. Lange Zeit ist das Buch einfach eine historische Erzählung und obwohl King in gewohnt epischer Breite schreibt, habe ich mich mit meinem Hörbuch nicht gelangweilt. Er zieht den Hörer in seinen Bann, man ruft sich alles, was man über die 50er und 60er Jahre weiß und schon gesehen hat vor das geistige Auge und genießt einfach eine gute Geschichte. Die Annäherung an Georges eigentliches Ziel erfolgt langsam und der Teil, der sich einfach nur mit Georges Leben befasste hat mir eigentlich am besten gefallen. An einer Stelle musste ich sogar vor Rührung weinen - wie die meisten der in dem Moment im Buch auftretenden Personen auch. King (und sicher auch Vorleser Nathan) schaffen eine innige Nähe zu den Protagonisten, sie wachsen einem unheimlich ans Herz und man fühlt enorm mit ihnen mit.
Der kingtypische Horror fehlt eigentlich vollständig und klingt nur mal vorübergehend an, was mir aber überhaupt nichts ausgemacht hat. Der Rest von George Ambersons Leben in der Vergangenheit tröstete mich vollkommen darüber hinweg. Bis zum Höhepunkt des Buches hat es mich auch vollkommen zufrieden gestellt und gefesselt, danach jedoch flaute es enorm ab. Das Ende war dann schon richtig an den Haaren herbeigezogen (auch wenn man King-Maßstäbe setzt) und hat mich auch gar nicht mehr so richtig interessiert. Vielleicht wäre ein etwas früheres Ende oder zumindest ein Ende ohne logischen Erklärungsversuch und Schmetterlingseffekt überzeugender gewesen.
Zu David Nathan muss ich nicht mehr viel sagen - er ist einfach ein ausgezeichneter Hörbuchsprecher und könnte wahrscheinlich auch eine DIN-Norm fesselnd vortragen.
Trotz der Kritik am Ende war Der Anschlag ein Hörbuch, das zu hören sich gelohnt hat.