Joiken, trommeln, rauben und morden: Lappland damals und heute
Gesamtbewertung
3.7
Plot / Unterhaltungswert
4.0
Charaktere
3.0
Sprache & Stil
4.0
Zum Inhalt:
Nordnorwegen: Nachdem für 40 Tage keine Sonne da war, ist es jetzt wieder so weit. Die Menschen fiebern dem ersten Sonnenaufgang nach dieser langen Phase der Dunkelheit entgegen.
In der Nacht zuvor wird eine wertvolle Trommel aus dem örtlichen Museum in Kautokeino gestohlen.
Da dies die erste traditionelle Samen-Trommel ist die nach langer Abwesenheit dauerhaft nach Lappland zurückgekommen war, gibt es unter der indigenen Bevölkerung große Aufregung.
Nicht lange danach wird ein Rentierhüter ermordet aufgefunden. Der örtliche Sheriff bindet die Rentierpolizei, bestehend aus Klemet und Nina, in die Ermittlungen ein.
Was werden sie herausfinden? Sind die Fälle miteinander verbunden?
Meine Meinung:
Mit 40 Tage Nacht (Original: Le dernier Lapon) ist Olivier Truc ein atmosphärisch dichter Thriller gelungen, der allerdings ein paar Schwächen hat. Die Charaktere bleiben ziemlich farblos, allein über Klemet erfährt man ein bisschen was, aber immer nur häppchenweise.
Seine Kollegin Nina ist hingegen mehr oder weniger eine Quotenfrau (ähnlich liegt es bei Klemet, der der einzige Same bei der örtlichen Polizei ist). Es werden ein paar Andeutungen zu Ninas Vergangenheit gemacht, der Autor bleibt uns aber die Auflösung schuldig.
Zugegeben, der Hauptaugenmerk des Buches liegt nicht auf speziellen Charakteren sondern auf der Geschichte Lapplands, auf der Ausbeutung und Unterdrückung der indigenen Bevölkerung durch Christen, Schweden, Norweger und alle, die sich an den Bodenschätzen der Region bereichern woll(t)en. Dieses reicht Jahrhunderte zurück, ist aber immer noch ein Thema. Der verdeckte und teilweise offene Rassismus wird sehr deutlich -- auch die Hilflosigkeit der Samen dem entgegenzuwirken. Wir bekommen einen Einblick in das Leben und die Traditionen der Samen, wobei die gestohlene Trommel eine zentrale Rolle spielt.
Trotzdem hätte ich es schön gefunden, wenn zumindest die Hauptpersonen etwas Charaktertiefe bekommen hätten.
Stattdessen werden die verschiedenen Gesteinsarten endlos lange und ausführlich beschrieben, sowie die Art, wie ein Geologe diese Gesteine untersucht. Weniger wäre hier mehr gewesen, diese ganzen Passagen habe ich nur quer gelesen. Es wird nicht wirklich erklärt warum der Geologe vor Ort ist, und der Aufhänger der ihn dann letztendlich auf Schatzsuche gehen lässt, ist meines Erachtens recht dürftig.
Davon abgesehen ist es aber ein sehr spannendes Buch, und es gelingt dem Autor, den Spannungsbogen bis zum Ende aufrecht zu erhalten.
Die Sprache ist schlicht gehalten, was der Winterlandschaft und Atmosphäre entspricht; allein das Farbenspiel des Sonnenaufgangs und der Polarlichter werden poetisch beschrieben, der Rest sehr unaufgeregt und ruhig, was der Spannung aber nicht abträglich ist.
Die Hardcoverausgabe kommt mit einem Lesebändchen, was ich sehr schön finde. Das Cover ist eher nichtssagend, spiegelt aber die Dunkelheit wieder.
Inhaltlich hat sich mindestens ein Fehler eingeschlichen, wobei ich natürlich nicht sagen kann, ob der schon im Original vorhanden ist oder sich während der Übersetzung eingeschlichen hat.
Von diesen Schwächen abgesehen ist das Buch durchaus lesenswert.