Obwohl ich schon so einige Bücher über den zweiten Weltkrieg gelesen habe, gibt es immer wieder Geschichten, die neue Facetten und unbekannte Details zu Tage fördern. Mike Steinhausen nimmt sich in seinem Roman „Ruhrpiraten“ eines Themas an, welches meiner Meinung nach in der Literatur noch viel zu wenig besprochen wurde. Der Widerstand junger Menschen im Dritten Reich ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Die Nazis hatten damals rigide Vorschriften erlassen, um alle Teenager in die HJ und den BDM zu zwingen. Dort sollten die Jungs und Mädchen geformt und ihre Ansichten und Aktivitäten überwacht werden. Aber umso länger der Krieg dauerte, umso mehr junge Menschen schlossen sich zusammen und leisteten passiv oder sogar aktiv Widerstand gegen das Regime und versuchten sich ein kleines Stück Selbstbestimmung und Freiheit zu bewahren und gegen die Methoden der Hitler-Diktatur zu protestieren.
Die Ruhrpiraten sind eine solche Gruppe. Eingebettet in ein dichtes Netz von geschichtlichen Informationen spielt die fiktive Handlung im Ruhrgebiet 1942. Die Hauptdarsteller sind durch die Bank Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren, die bereits auf verschiedene Arten mit dem Krieg und der Regierung zu tun hatten. Dem einen ist bereits der Vater gestorben und der Onkel mit schwerem Kriegstrauma zurückgekehrt. Der andere bekommt erste Repressalien gegen die Juden zu spüren und alle leiden unter dem Druck, den die Polizei auszuüben versucht, um sie in die Jugendverbände zu zwingen. Mit Aufrufen an Hauswänden und auf Papier rebellieren sie, verfolgt von den Nazis, unter denen ebenfalls junge Menschen einen ganz anderen Weg eingeschlagen haben als die jugendlichen Rebellen.
„Ruhrpiraten“ besticht vor allem dadurch, dass Mike Steinhausen all sein Recherchewissen in die Geschichte hineinpackt. Das hatte eine große Informationswucht, die vielleicht manchmal der Handlung und dem Spannungsbogen etwas den Rang abläuft. Die Charaktere wachsen einem aber ans Herz und man fiebert mit und leidet, als Verhaftung, Erniedrigung , ja sogar Folter drohen. Es ist keine Geschichte, die man einfach so wegsteckt als Leser. Dazu sind das Thema und die Zeit einfach zu dramatisch und Mike Steinhausen legt großen Wert auf Authentizität und verweigert dem Leser ein profanes Happy End. Davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Dazu ist das Buch viel zu interessant.