Bewertungsdetails

Historische Romane 4144
anspruchsvoll und mit viel geschichtlichem Nährwert
Gesamtbewertung
 
4.7
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
5.0
Sprache & Stil
 
5.0
Zum Inhalt:

Kassel 1821: Eine ehemalige Mätresse des Kurfürsten von Kassel, Wilhelm I., wird grausam ermordet. Bei ihrer Leiche findet man ein Zitat aus einem grimmschen Märchen. Ist es ein Hinweis auf den Mörder? Die Polizei nimmt als mutmaßlichen Täter sofort Jakob Grimm, Hofbibliothekar und Mitverfasser der Grimmschen Märchensammlung, ins Visier. Der sieht sich gezwungen, mit seinem Bruder Wilhelm selbst Nachforschungen zu beginnen, um seine Unschuld zu beweisen und den Mörder vielleicht sogar selbst überführen zu können. Die Droste-Schwestern Annette und Jenny, die verschiedene Märchen zu der Sammlung beigetragen haben, fühlen sich mitverantwortlich und bieten ihre Hilfe an. Bald wird ein weiterer Toter gefunden, ebenfalls mit einem vielsagenden Zitat.

Meine Meinung:

„Grimms Morde“ war für mich nur vordergründig ein Kriminalfall. Es war für mich vor allem ein Roman, der auf anspruchsvolle Weise versucht, die komplizierte Gesellschaftsstruktur der damaligen Zeit und deren, uns heute seltsam anmutende, Moralvorstellungen vor Augen zu führen. Wo auf der einen Seite ein Monarch unter den Augen der Öffentlichkeit eine ganze Handvoll Mätressen und unehelicher Kinder haben durfte, wurden die Frauen an sich als dem Manne geistig und sozial untertan angesehen und sollten züchtig und demütig den Haushalt führen, dem Manne dienen und ansonsten möglichst den Mund halten. Vor allem Annette Droste fällt hier wohl von Kindheit an aus dem Rahmen. Ihre Intelligenz, ihr Wortwitz, ihre schriftstellerischen Fähigkeiten, sind vor allem ihrem Onkel August ein Dorn im Auge. Vor längerem bereits hatte er versucht, seiner Nichte mit einer bitterbösen Intrige einen gehörigen Denkzettel zu verpassen. Für Annette wird die Suche nach dem Mörder auch zu einer Möglichkeit, aus ihrem Kummer und ihren Selbstvorwürfen herauszufinden und wieder zu sich selbst zu finden.

Die Beziehungen der beiden Geschwisterpaare sind diffizil und nicht frei von Animositäten und Vorurteilen. Während Jakob sich wie die meisten Männer erst mal mit Annette Wortgefechte liefert, ist Jenny Wilhelm in zärtlichen Gefühlen zugetan. Daraus entspinnen sich im Laufe der Geschichte immer wieder wunderbare Dialoge, die dem Buch die nötige Würze verleihen und, wie der gesamte Roman, den brillante Sprachstil der Autorin widerspiegeln. Die vier Charaktere durchlaufen eine teils dramatische Entwicklung die schließlich mit dazu führt, dass am Ende der komplizierte Mordfall von ihnen gemeinsam gelöst werden kann.

Teile der gesammelten Märchen der Gebrüder Grimm sind ja wohl jedem, der einmal in Deutschland Kind war, mehr oder weniger geläufig. Über die Droste-Schwestern Annette und Jenny wusste ich so gut wie nichts. Mein Interesse wurde jetzt heftig angefacht.

Wichtig, und wie immer sehr erhellend, war mir auch das Nachwort, in dem erklärt wird, was erfunden ist und was die von der Autorin aufgearbeitete "Realität". Es ist ja toll, dass es zu dieser Zeit oft lebhafte und regelmäßige Briefwechsel gab, die wichtige Anhaltspunkte über die Geschehnisse und die Beziehungen der Menschen untereinander geben. Dennoch ist es die Kunst der Autorin, daraus eine gute Geschichte zu schreiben, die dem Ganzen einen logischen Sinn und Leben einhaucht. Das ist hier wirklich hervorragend gelungen. Wer einen anspruchsvollen historischen Roman sucht mit viel "Nährwert", der ist hier genau richtig.
CE
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