Heinrich Steinfest: Das Leben und Sterben der Flugzeuge

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Heinrich Steinfest: Das Leben und Sterben der Flugzeuge
Verlag
ET (D)
2016
Ausgabe
Gebundene Ausgabe
ISBN-13
9783492056625

Informationen zum Buch

Seiten
608

Sonstiges

Originalsprache
deutsch
Erster Satz
"Du stehst falsch, Schatz."

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Handlungsort

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Kann man ein ganz gewöhnlicher Pariser Bahnhofsspatz sein und gleichzeitig ein deutscher Kommissar namens Blind? Kann es in Belfast ein Hochhaus mit einer geheimen Etage geben, das für Spatz und Kommissar lebenswichtig ist, obwohl dieser Wolkenkratzer doch nie gebaut worden ist? Und vor allem: Kann an einem verborgenen Ort das Wrack eines gewissen Flugzeugs der Malaysia Airlines liegen, das doch erst Monate später spurlos verschwinden wird? Wer die Romane Heinrich Steinfests kennt, weiß: In seinen Welten ist das alles ein Leichtes. Seine Gratwanderung zwischen Phantastischem und Realität gerät ihm auch diesmal wieder zu einem hochliterarischen Drahtseilakt, der die Lektüre dieses Romans zu einem überaus spannenden, ja atemberaubenden Vergnügen macht.

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Steinfest, der Weltensammler
(Aktualisiert: 09 Oktober 2016)
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Zwei Welten sind es, in denen Blind, der 56jährige, gutaussehende Kommissar, der nur so heißt, es aber nicht ist (jedenfalls nicht im Hinblick auf seine Augen, allenfalls bezüglich einiger Gefühle wie bspw. Empathie Frauen gegenüber) und der Spatz Quimp, ein munterer, noch recht junger Pariser Spatz, der auf einmal eine wichtige Mission übertragen bekommt. Doch irgendwie sind sie auch eines, der attraktive Kommissar und der naseweise, äußerlich jedoch ganz unauffällige Spatz - denn sie träumen sich quasi gegenseitig und werden dadurch eines.

Denn auch Blind hat eine wichtige Mission - zumindest sieht er es selbst so. Von seinem Chef hat er nämlich nur den Auftrag erhalten, einen bestimmten Fall wieder aufzuwärmen, um dadurch eine gewisse Person ruhigzustellen, daraus wird dann aber mehr. Dennoch steht es in keinem Vergleich zu Quimps Auftrag, dem dieser von einem Sterbenden (Spatzen selbstverständlich) übertragen wurde, und der dazu dient, eine ganze Spatzengesellschaft, die Sperks, zu retten.

Auch die anderen in diesem Buch erscheinenden Charaktere sind Parallelgestalten, die in der einen Welt als der eine, in der anderen als ein anderer auftreten. Manchmal sind dabei die Unterschiede so groß wie bei Blind und Quimp, in anderen Fällen erscheinen die Figuren zunächst als fast identisch wie die beiden Jungen Frederik (bei Blind) und Clemens (bei Quimp). Doch Obacht, so nahtlos läuft die Überlappung nicht, der Kommissarenspatz bzw. Spatzenkommissar, der zumindest in beiden Welten bezüglich der Aufdeckung seiner Fälle, die gewissermaßen zusammenfließen, ähnliche Interessen verfolgt, muss ebenso achtsam bleiben wie der Leser.

Falsch formuliert: der Leser muss sogar noch achtsamer bleiben, denn er bekommt es nicht nur mit den beiden Parallelwelten, sondern auch noch mit deren Autor Steinfest zu tun, und der leistet sich auch so einiges an vorwitzigen Übergriffen der einen auf die andere Welt, die für den Leser ausgesprochen verwirrend ausfallen können. Aber es lohnt sich, diesen Übergriffen standzuhalten, auch wenn die Verwirrung von Zeit zu Zeit übermächtig zu werden droht.

Hat Heinrich Steinfest hier tatsächlich einen märchenhaften Fantasy-Roman geschrieben? Ich antworte mit einem ganz klaren "nein" - er spielt zwar mit verschiedenen Realitäten bzw. Welten, mit dem Aufeinandertreffen von Realem, Irrealen und Surrealen, er tut es aber auf eine ganz besondere Weise, ich möchte sie als steinfestschen Stil bezeichnen. Es ist eben ein echter Steinfest-Roman und die sind nie so ganz von dieser Welt!

Und das bezieht sich nicht nur auf den Inhalt: Die Sprache und die vorwitzige, dennoch auf bestimmte, steinfestsche Art stets behutsame Ironie, der Sarkasmus, mit dem Steinfest seine originellen, oft ins Absurde reichenden Szenarien schreibt, hat mich wieder einmal berührt. Wunderbare, überraschende, Sätze finden sich hier - für mich hat aber eindeutig den Vogel bzw. den Spatzen eine Abwandlung eines bekannten Zitats von Karl Kraus abgeschossen, das bei Steinfest "Wenn die Sonne der Vernunft niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten" lautet. Aber es gibt noch mehr tolle bzw. aberwitzige Beispiele: so werden Damen nicht auf einen Drink, sondern auf ein Businesskostüm eingeladen, ein bestimmter Grünton wird als krankes Grün, bzw. Grün mit Migräne bezeichnet und Kommissar Blind ist ein Deutscher mit einem österreichischen Herzen (S. 128), der halb gläubig, halb ungläubig ist (S. 119). An einer anderen Stelle findet sich ein nacker Vogel neben einem angezogenen, wobei es keine Zeit gibt, dies zu ändern, da die Welt gerettet werden muss (S. 192)

Heinrich Steinfest scheint neuerdings eine Vorliebe zu Parallelwelten zu entwickelt, die bereits in seinem vorherigen Roman "Das grüne Rollo" eine maßgebliche Rolle spielten, wenn auch auf ganz andere Art und Weise, als es hier der Fall ist. Insgesamt ist dies wie auch das "Rollo" aber ein typischer Steinfest mit ein paar neuen Elementen, die die Geschichte besonders abrunden - für mich hat sich die Lektüre mal wieder sehr gelohnt. Wird der Autor nun zum Weltensammler, seine Leser zu Bewohnern immer neuer (Parallel)Welten? Nun, es gilt abzuwarten, ob in den folgenden Romanen wieder neue Welten auf uns lauern, nur darauf wartend, von uns, den Lesern betreten und erschlossen zu werden. Ich jedenfalls bin sehr gespannt, wie es weitergeht!
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Von Spatzen und Menschen
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Heinrich Steinfest - Das Leben und Sterben der Flugzeuge - PIPER

Die unglaubliche Geschichte eines blinden Golfspielers, der das "Grün" in seiner Erinnerung, als Klimt-Skizze einer liegenden Frau sieht und zu einem "Hole in One" anlegt. Man hat keineZweifel, dass er trifft.
Philosophische Betrachtungen eines Spatzes, der lieber Fastfood-Reste isst, als selber zu jagen und zu töten. Er wird mit seiner eigenen Unfähigkeit, sich artgerecht zu ernähren, konfrontriert, er versinkt in trotzige Scham, als er es versucht und versagt.
Ein folgenschwerer Zusammenstoß mit einem explodierenden Sperling, schickt ihn auf eine geheime Mission nach Wien. Der Spatz von Paris wird zum gefiederten James Bond, zur Rettung der Sperks soll er den "Dritten" Spatz aufsuchen, den legendären Pinesits. Dazu muss er nur noch den Tautropfenmaler Arthur Engel finden, der gegenüber eines Friedhofs wohnt und den Kontaktspatz beherbergt.
Im Nachtzug Wien/Budapest, erliegt er einem seltsamen Traum. Er ist im Körper eines blinden Mannes, der gerade ein Tennis-Match gewonnen hat..
Führt der Spatz ein surreales Doppelleben?
In Wien angekommen, wird er von einem Killer mit einem Streifschuss verletzt.
Der Junge aus dem Zug, der eine Limo bei einem Inder bestellte, aber einen Apfelsaft bekam, tritt in die Schusslinie, bevor er erneut anlegen kann. Der Spatz entkommt.
Durch Zufall, landet er in einem Blumenbouquet einer Frau, die zum Friedhof fährt..
Das Kennenlernen der beiden Spatzen und deren phantastisch anmutende Geschichte, hat mich sehr berührt, sie hat mir einige tiefe Friedensmomente verschafft.
Nach der charmanten Geschichte, wie Arthur Engel dem Methusalem aller Spatzen das Leben gerettet hat, geht es weiter nach Belfast.

Spatz Paris zu Spatz Wien:
"Das ist doch die Stadt, wo die Christen aufeinander sauer sind!"

"Es ist keine geringe Wahrheit, wie sehr jede Lebensrettung eine Verantwortung und Bindung nach sich zieht. Eine halbe Rettung erscheint daher schlimmer, als gar keine."

"Der Sinn ihrer Ehe war mysteriös, doch mysteriös sinnlose Ehen scheinen zu den wenigen Dingen der Menschen zu gehören, die so gerecht über die gesellschaftlichen Milieus verteilt sind, wie eigentlich sonst nur noch der Tod."

Die vielen kleinen Geschichten greifen ineinander, man kann nicht aufhören zu lesen.
Eines ist klar, ich werde nie wieder einen Spatz mit den gleichen Augen sehen können.

Heinrich Steinfest kappt die Grenzen jenseits der Vorstellungen des Lesers. Es ist eine bizarre Welt, in die man eintaucht, weil man anhand der detailverliebten Erzählung, alles logisch nachvollziehen kann und sich gleichsam königlich unterhält. Spannend mit einem Hauch "Noir".

Nicht für jeden Vergleich kann man Kafka herzitieren, aber sagen wir mal so:
Es hätte ihn verwirrt und pfadlos zurückgelassen.
Ein Buch, wie es einem John Irving gefallen würde. Klug, bizarr und abseits vom Wege.

Dafür eine uneingeschränkte Empfehlung!

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