Bewertungsdetails

Gegenwartsliteratur 2868
Shakespeare reloaded
Gesamtbewertung
 
4.0
Plot / Unterhaltungswert
 
4.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
Dem Theaterregisseur Felix wird auf ziemlich unkollegiale Weise ohne Vorankündigung und mit fragwürdigem Grund die Stellung gekündigt. Er ist zutiefst verletzt und zieht sich daraufhin in fast einsiedlerischer Manier in eine abgelegene Hütte zurück. Lediglich seine verstorbene Tochter Miranda leistet ihm in seiner Fantasie Gesellschaft. Nach etwa zwölf Jahren erfährt Felix von einem Job als Bildungsbeauftragter an der örtlichen Justizvollzugsanstalt, bewirbt sich und bekommt die Stelle. Nun kann er wieder als Regisseur tätig sein und arbeitet zusammen mit den Häftlingen erfolgreich Inszenierungen für Shakespeare-Dramen aus. Als der Besuch zweier Minister angekündigt wird, die sich ein Bild von der Arbeit der Theatertruppe machen wollen, stellt Felix fest, dass es sich bei den Besuchern um genau die zwei Männer handelt, die ihm zwölf Jahre zuvor seinen Job genommen haben. Felix sieht die Chance gekommen sich zu rächen, und er beschließt, das mittels des Stückes „Der Sturm“ in die Tat umzusetzen.

„Hexensaat“ ist kein Mainstream-Roman nach dem üblichen Schema. Shakespeares Stück spielt die wesentliche Rolle – das Covermotiv ist nicht ohne Hintergedanken auf der Rückseite nochmals mit dem Titel „Der Sturm“ abgebildet. Margaret Atwood erzählt die Geschichte des Regisseurs mit viel Situationskomik und beginnt mit einem geschickten Schachzug, indem sie die Aufführung des Gefängnisensembles im Prolog vorwegnimmt und an der spannendsten Stelle abbricht. Damit weckt sie beim Leser Neugier und Erwartungen und lässt reichlich Platz für Spekulationen. Der Schwerpunkt wird bald deutlich, denn besonders in Bezug auf Felix lassen sich viele Gemeinsamkeiten mit Shakespeares Helden entdecken. Seinen Charakter lernt man im Verlauf der Handlung hinreichend gut kennen, doch sein ganz persönliches Schicksal stellt über weite Strecken nur die Rahmenhandlung dar. Auch den Darstellern, die nicht nur als Schauspieler sondern auch als Menschen interessant sind, wird bedeutend weniger Aufmerksamkeit gewidmet. Sie bleiben als Charaktere weitgehend oberflächlich. Ebenso geht die Handlung abseits der Theaterthematik zu wenig in die Tiefe.

Auf „Hexensaat“ muss man sich einlassen, sowohl in stilistischer als auch inhaltlicher Hinsicht. „Der Sturm“ wird auf unkonventionelle Art neu inszeniert und eröffnet dabei ganz neue Sichtweisen. Es ist sozusagen eine Interpretationshilfe auf sehr unterhaltsame Art, die den Wunsch erweckt, auch andere Stücke auf diese Weise kennen zu lernen. Doch wie erlebt jemand das Buch, der sich nicht für Shakespeare oder für das Theater interessiert? Der es einfach deshalb liest, weil er Atwood-Fan ist? Wenn man den „Sturm“ in der Originalfassung nicht kennt, könnte es schwierig werden (daher sei hier auf die Inhaltsangabe am Ende von „Hexensaat“ verwiesen), aber vielleicht macht für einige Leser gerade das den Reiz aus. Für meinen Geschmack war es nicht zu viel Shakespeare, aber definitiv zu wenig vom Ensemble und der Handlung um Felix. Für das Shakespeare-Projekt beim Knaus Verlag ist das Buch auf jeden Fall ein Gewinn.
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