Bewertungsdetails

Gegenwartsliteratur 1822
"Der Widerspenstigen Zähmung" neu erzählt
(Aktualisiert: 11 Januar 2017)
Gesamtbewertung
 
5.0
Plot / Unterhaltungswert
 
5.0
Charaktere
 
5.0
Sprache & Stil
 
5.0
Kate Battista lebt in Baltimore, ist Ende zwanzig, und ihre Lebensaufgabe besteht darin, neben ihrer nicht besonders erfüllenden Arbeit in einer Kindertagesstätte ihrem verwitweten Vater (einem Professor der Mikrobiologie) den Haushalt zu führen. Außerdem muss sie sich um ihre 15jährige, nicht sehr intelligente, aber eigensinnige Schwester Bunny kümmern. Doch wenn es nach ihrem Vater geht, soll Kate noch nützlicher für ihn werden: sie soll Pjotr, den weißrussischen Laborassistenten ihres Vaters heiraten, dessen Arbeitsvisum in Kürze abläuft, um ihm eine Arbeitserlaubnis zu verschaffen und damit die Fortführung der Forschungsarbeit ihres Vaters zu garantieren. Natürlich ist sie damit zunächst nicht einverstanden, doch die Ereignisse entwickeln sich und am Ende kommt es anders als sowohl Kate als auch ihr Vater anfangs beabsichtigten.

Anne Tyler erzählt hier Shakespeares Komödie "Der Widerspenstigen Zähmung" neu und versetzt sie in die heutige Zeit. Ich habe "Die störrische Braut" parallel zum Shakespeare-Original gelesen und kann das nur empfehlen, denn so kann man direkt vergleichen, falls man das möchte.

Das Buch von Anne Tyler hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es liest sich leicht und beschwingt. Die Hauptperson Kate ist wesentlich sympathischer als die Katharina bei Shakespeare, die sperrig und kratzbürstig wirkt und manchmal unverständlich agiert. Shakespeares Frauen- und Männerrollen sind der damaligen Zeit entsprechend, die Handlung könnte nicht 1:1 in die heutige Zeit transferiert werden. Doch Anne Tyler gelingt dies fabelhaft, denn sie erzählt eine etwas andere Geschichte als Shakespeare. Sie übernimmt Äußerlichkeiten und Motive vom shakespeareschen Original: die Namen der Personen, die Familienkonstellation, das Heiratsthema, die äußeren Umstände der Hochzeit, der eindringliche Monolog von Kate ganz am Ende - all das erkennt man aus "Der Widerspenstigen Zähmung" wieder. Doch die Hintergründe und Handlungsmotive sind ganz andere. Verglichen mit dem Shakespeare-Original sind Rollen getauscht, auch die Zähmung erfolgt letztendlich etwas anders. Kate als Person rückt stärker in den Mittelpunkt, sie wird sehr greifbar geschildert, ihr Handeln und Denken wird sehr gut nachvollziehbar für den Leser. Auch Pjotr wächst dem Leser mit fortschreitender Geschichte ans Herz, und die Nebenpersonen haben ebenfalls Format.

Die erzählte Geschichte ist unterhaltsam, hat Spannung und sprüht von Situationskomik und Wortwitz, die zum großen Teil aus Pjotrs Schwierigkeiten mit der englischen Sprache, und auch aus Kates etwas direktem und kompromisslosem Charakter entstehen. Doch trotz aller Leichtigkeit gibt es Tiefgang. Kate gewinnt Einsicht in die Erwartungen an Männer und an Frauen, ihre Aufgaben und Ziele im Leben. Auch als Liebesgeschichte funktioniert die Geschichte und ist glaubwürdig.

Fazit: ein unterhaltsames, leichtes und dennoch tiefgründiges Lesevergnügen, nicht nur für Shakespeare-Liebhaber. Eines meiner Lese-Highlights 2016.
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