John Boyne: Der freundliche Mr. Crippen

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John Boyne hat einen phantastischen Erzählstil
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Was wie eine vergnügliche Überfahrt beginnt, endet mit einer bislang nie dagewesenen Verfolgungsfahrt auf hoher See. Als am 20. Juli 1910 das Passagierschiff S.S. Montrose unter der Obhut von Kapitän Henry Kendall den Hafen von Antwerpen verlässt, befindet sich ein Sammelsurium unterschiedlichster Menschen an Bord. Kendall führt mit strengem Regiment seine Crew, ist er doch Fan von William Bligh, dem führenden Offizier der Bounty. So fällt es dem ersten Offizier Billy Carter schwer, in die Fußstapfen seines Vorgängers zu treten. Einige der Passagiere lernen wir auch näher kennen. Angefangen mit Mrs. Antoinette Drake und deren Tochter Victoria. Erstere tötet anderen (Passagieren wie Lesern) den letzten Nerv, letztere ist so von sich eingenommen, dass sie sich wundert, wenn ihr die Männerwelt mal nicht gleich zu Füßen liegt.

Ein mysteriöses Paar geben Mr. Robinson und sein Sohn Edmund ab, denn beide haben offensichtlich ein Geheimnis. Der reiche Geschäftsmann Matthieu Zéla reist in Begleitung seines Großneffen, des 14-jährigen Tom DuMarque, nach Kanada und schließlich ist da noch die 30-jährige Miss Martha Hayes, die alleine unterwegs ist und mit allen schnell Bekanntschaft schließt.

John Boyne hat einen phantastischen Erzählstil und obwohl oft gar nicht so viel geschieht, verzaubert mich seine charmante, humorvolle Schreibweise immer wieder:

"Meine Tante Georgina hatte auch Tuberkulose, und sie musste die letzten zehn Jahre ihres Lebens in der Schweiz verbringen, wegen der Luft. Dann ist sie gestorben, weil ein Vogel auf sie gefallen ist."
"Weil was auf sie gefallen ist?"
"Eines Tages ist ihr ein Vogel auf den Kopf gefallen. Als sie einen Spaziergang machte. Er muss im Flug gestorben sein und ist runtergefallen. Sie war gleich tot, es war ein ziemlich großer Vogel. So zu sterben ist sicher nicht angenehm. Besonders, weil sie dort hingezogen war, um am Leben zu bleiben. Ich meine, da hätte sie auch nach Hause kommen und ihre letzten Tage in England verbringen können, ohne Angst haben zu müssen, dass irgendwelche Sachen vom Himmel fallen und sie umbringen. Aber das sind die Schweizer, denke ich. Die sind ein komisches Volk, finden Sie nicht auch?"
Edmund nickte und hob die Brauen ein wenig. Er fragte sich, ob Vögel und Tiere tatsächlich eine nationale Identität annehmen konnten.


Der Autor lässt die Geschichte jedoch nicht nur auf dem Schiff spielen, sondern zeigt auch in Rückblenden mehr über das Leben Dr. Crippens. Oft rückte die Handlung für mich etwas in den Hintergrund, wenn ich mir die einzelnen Sätze langsam und genüsslich auf der Zunge zergehen ließ. Boyne schaffe es immer wieder, eindrucksvolle Bilder in meinem Kopf zu hinterlassen:

Für den Abend hatte Mrs Drake ein extravagantes grünes Kleid ausgesucht und dazu ein Mieder, das ihre Brüste kräftig nach oben drückte. Sie hoben sich, wenn sie einatmete, und man konnte sie praktisch diskutieren hören welche von ihnen als erste hervorschnellen sollte.

John Boyne beleuchtet einen wahren Fall auf seine ganz eigene Art und Weise und bringt viele neue Ideen mit ein. Dabei bedient er sich wohl einiger schriftstellerischer Freiheiten und vor allem zum Ende hin erschienen mir einige Punkte als eher unwahrscheinlich und unglaubwürdig. Leider betreibt Boyne auch ein bisschen Schwarz-Weiß-Malerei. Besonders Frauen kommen nicht sehr gut weg in dem Buch. Die einzige Ausnahme bildet hier wohl Miss Hayes und so kommt ein überraschendes Gefühl der Solidarität des Lesers zu einem Menschen auf, der ein Verbrechen begangen hat. Am Ende fragte ich mich, welche Tat grausamer ist: Die fortdauernde seelische und körperliche Misshandlung eines Menschen oder das, was am Ende dann daraus resultiert.

Je weniger man über den wahren Fall Dr. Crippen weiß, umso interessanter ist das Buch wohl zu lesen. Vorherige Recherchen und Erkenntnisse bringen den Leser hier um einigen Spaß und Spekulation.
SK
#1 Bewerter 1144 Bewertungen
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Grandios!
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Im Jahr 1910 macht ein Mordfall in London große Schlagzeilen: Dr. Hawley Crippen soll seine Frau Cora Crippen kaltblütig ermordet und ihre zerstückelte Leiche im Keller vergraben haben. Der Mord ist damals tatsächlich geschehen, jedoch gibt es wohl bis heute immer noch Unklarheiten, wie genau und wer den Mord tatsächlich begangen hat.

John Boyne hat diesen alten Fall aufgegriffen und einen Roman darüber geschrieben. Die Geschichte in diesem Buch basiert also auf wahren Begebenheiten, jedoch wurde auch vieles ausgeschmückt und mit fiktiven Begebenheiten ergänzt.

Wer also einen wirklichen Tatsachenroman erwartet, wird hier unweigerlich enttäuscht werden.

Ich wurde keinesfalls enttäuscht, im Gegenteil! Ich habe dieses Buch von Anfang bis Ende genossen und war kaum fähig, es aus der Hand zu legen. Die Geschichte ist so spannend und interessant erzählt, und die Tatsache, dass sie auf einem wahren Mordfall basiert, hat sie für mich nur noch faszinierender werden lassen.

Zudem hat John Boyne einen Schreibstil, der mich begeistern kann. Er hat einen sehr feinen Humor, so dass ich beim Lesen oft ein Lächeln im Gesicht hatte.

Ich habe während der Lektüre des Buches parallel auch ein wenig über den wahren Fall des Dr. Crippen gelesen und dachte daher, ich wäre auf das Ende des Romans vorbereitet. Das erwies sich als Fehler, denn John Boyne hat es tatsächlich noch mal geschafft, mich mit dem Ausgang des Buches zu überraschen.

Für mich war die Lektüre des Buches eine richtige Freude; ich hab es sehr genossen!
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Ein freundlicher Mann
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5.0
Im Sommer des Jahres 1910 sticht in Antwerpen ein kanadisches Schiff in See: es ist die SS Montrose auf ihrem Weg nach Nordamerika, genauer in den Hafen von Québec. An Bord sind sehr viele Menschen, die die Überfahrt aus unterschiedlichsten Gründen machen: unter anderem sind da Mrs Drake und ihre Tochter, die sich beide an Nervigkeit schier überbieten, der französische Geschäftsmann Zéla, die alleine reisende Miss Hayes und Mr Philo Robinson, der mit seinem Sohn reist. Während das Vater-Sohn-Gespann schon bald auffällt, weil nur wenige Passagiere überhaupt in den besseren Kajüten untergebracht sind, erzählt der Autor John Boyne die Geschichte in verschiedenen Zeitebenen, so dass die Rückblenden immer mehr Details über das Leben und den Charakter des mysteriösen Mr Crippen, einem US-amerikanischer Arzt, der seit etlichen Jahren eine Praxis im Norden Londons hat, enthüllen. Nebenbei erfährt der Leser aber auch einiges über die großen Zeiten der Passagierschifffahrt und die neuesten technischen Errungenschaften…
So entpuppt sich langsam ein wichtiger historischer Kriminalfall, der in England weitaus bekannter ist als hier in Deutschland.

John Boyne verarbeitet gerne interessante geschichtliche Geschehnisse zu Romanen - dennoch würde ich bei diesem Buch dazu raten, vor der Lektüre nicht allzu viel zu den realen Figuren zu recherchieren, denn das könnte das Leseerlebnis erheblich schmälern. Gerade die Erzählweise des Autoren lässt es nämlich zu, dass sich "Der freundliche Mr Crippen" wie eine Zwiebel schälen lässt und erst nach und nach alle Details und Rätsel frei gibt, während die Dramatik stetig zunimmt.
Wie auch schon bei "Der Junge im gestreiften Pyjama" und "Das Haus zur besonderen Verwendung" wählt John Boyne eine tolle Sprache, die den Figuren regelrecht Leben einhaucht, so dass man bei den einzelnen Charakteren ihre Entwicklung, ihre Probleme und ihre Gefühlswelt zu begreifen meint. Besonders gefällt mir aber der Witz, den Boyne perfekt beherrscht und der fein dosiert immer wieder in den Sätzen mit schwingt - überhaupt sind seine Sätze häufig kleine Kunstwerke, in denen mehr steckt als die bloße Beschreibung einer Situation oder Person.

Am Ende des Buches wird man feststellten, dass der Autor die unterschiedlichen Zeiten und Geschehnisse perfekt miteinander verwoben hat und so ein stimmiges Bild entstanden ist - aber natürlich ist nichts davon mit knallharten Fakten belegt. So wie der eigentliche Fall bis heute noch an der ein oder anderen Stelle Fragen aufwirft, so muss man hierbei dem Schriftsteller seine künstlerische Freiheit zugestehen, denn immerhin ist "Der freundliche Mr Crippen" kein Sachbuch, sondern ein Roman, der auf wahren Begebenheiten beruht. Einzig und alleine ein Nachwort, eine Chronologie der Fakten oder ein paar erklärende Worte in einer Danksagung habe ich einwenig vermisst - auch die Motivation des Autors, sich dieses Falles anzunehmen, hätte mich wirklich interessiert...

Fazit: Wirklich eine sehr gute Unterhaltung, bei der mich vor allem die schönen Sätze und der charmante Sprachwitz beeindruckt haben. Aber wie gesagt: es empfiehlt sich sehr, den Roman unvoreingenommen (durch vorherige Informationen zum Fall) zu lesen, denn dann macht er sicherlich noch einen Tick mehr Spaß!
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Der wahre Fall des Mr Crippen - neu interpretiert
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4.0
In dem Buch "Der freundliche Mr Crippen" hat John Boyne den wahren Fall des Mr Crippen aufgerollt und einige interessante Sichtweisen mit einfließen lassen. Dabei lässt er das Buch zuerst sehr entspannt auf dem Schiff "Montrose" starten, auf dem einige interessante Passagiere sich zusammenfinden und ich schon gleich zu Beginn über einige eigenwillige Charaktere schmunzeln bzw. den Kopf schütteln musste.

In Rückblenden wird dann das Leben von Hawley Crippen erzählt. Von seiner Jugend, hin zu seinem verzweifelten Wunsch Arzt zu werden, über seine nicht glücklichen Ehen.
Dabei war mir einige Zeit erstmal nicht klar, wo der Zusammenhang zwischen der "Montrose" und Hawley Crippen besteht. Erst nach und nach wird Stück für Stück aufgedeckt, inwiefern das zusammenhängt und die gesamte Dramatik der Geschichte sich aufbaut.

Dies hat John Boyne für mich wieder sehr gut gemacht und mich dabei auch noch mit seinem sprachlichen Können erneut aufs Neue überzeugt. Wie nebenbei lässt er manche Dinge einfließen oder legt sie seinen Figuren in den Mund und teilweise habe ich so versteckte Seitenhiebe zuerst überlesen, um dann doch wieder zu ihnen zurück zu kehren und mir ein Lächeln nicht verkneifen zu können.

Ich habe mich absichtlich vorab nicht mit dem wahren Fall von Mr Crippen beschäftigt und kann auch nur jedem raten es auch so zu halten. John Boyne hat sich eine Variante ausgedacht, die so hätte stattfinden können, aber nicht historisch belegt ist. Leider hat er auch kein Nachwort verfasst und so bleibt der Leser im Dunkeln, was von der Geschichte auf Tatsachen beruht und was reine Fiktion ist.

Dieser Punkt ist für mich auch der einzige Negativpunkt, den ansonsten hat mich das Buch sehr gut unterhalten und vor allem durchgehend gefesselt.
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Unterhaltsame Interpretation eines realen Falles
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Im Sommer 1910 verlässt die SS Montrose den Hafen Antwerpen mit Ziel Kanada. An Bord ist eine bunte Mischung von verschiedensten Personen, unter anderem ein Mister Robinson mit seinem Sohn Edmund. Schnell wird klar, dass die beiden ein Geheimnis haben, aber die unterhaltsame Schilderung der anderen Mitreisenden lässt dies erstmal in den Hintergrund treten. Da sind zum einen die unausstehlich arrogante Mrs. Drake und ihre eingebildete Tochter Victoria, die glaubt, ausnahmslos jeden Mann um den Finger wickeln zu können, dann die eher unauffällige Miss Hayes sowie der wohlhabende und scharf beobachtende Mathieu Zela und sein unausstehlicher Neffe Tom. Nicht zu vergessen natürlich die Besatzung der Montrose selbst, allen voran der Kapitän Kendall und sein neuer erster Offizier Billy Drake, der das erste Mal auf der Montrose mitfährt. All dies gäbe wahrscheinlich schon genug Stoff für ein ganzes Buch, doch Boyne verknüpft die Handlung auf der Montrose geschickt mit Rückblenden in die Vergangenheit von Hawley Crippen, einem jungen Mann, der bei einer fanatisch religiösen Mutter aufwächst, sich sehr für Medizin interessiert, aber aus finanziellen Gründen kein richtiges Studium absolvieren kann und nach einigen Irrwegen in London landet, wo er eine homöopathische Apotheke leitet.

Mir war zu Beginn der Lektüre nicht klar, dass Hawley Crippen die Hauptfigur in einem bekannten realen Kriminalfall gewesen ist. Wer dies noch nicht weiß, sollte sich während der Lektüre auch eher bremsen und nicht nachschlagen, was über den Fall so geschrieben wurde, man nimmt sich einiges an Spannung, auch wenn Boyne hier seine ganz eigene Auslegung der Fakten geschrieben hat.
Ich habe das Buch gar nicht als Krimi angefangen, sondern eher an einen historischen Roman gedacht. Insofern habe ich wohl auch weniger mitgerätselt als ich es bei einem Kriminalroman getan hätte und so ist es dem Autor mehr als einmal gelungen, mich total zu überraschen.

Die Figuren, die Boyne hier zeichnet, sind teilweise unglaublich überspitzt, aber gerade das macht einen Großteil des Lesevergnügens aus, man liest und mag es sich kaum vorstellen, aber kann gleichzeitig nicht ausschließen, dass es solche Personen wirklich gegeben hat und gibt.

Im Nachwort hätte ich mir allerdings gewünscht, dass der Autor etwas mehr darauf eingeht, was nun Fakten waren und was seiner Phantasie entsprungen ist, hier muss man dann doch eher selbst recherchieren, wenn man es genauer wissen will.

Insgesamt habe ich mich aber sehr gut unterhalten gefühlt und Boynes Schreibstil überzeugt mich einfach jedes Mal, egal um welches Thema es geht!
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