Ein finsteres Finale - diesmal aus der Sicht eines Schattenherren
Gesamtbewertung
5.0
Plot / Unterhaltungswert
5.0
Charaktere
5.0
Sprache & Stil
5.0
Inhalt
Bren hat endlich erreicht, was er sich lange erträumt hat: er ist in den Kreis der unsterblichen Osadroi aufgenommen worden. Doch der Preis dafür ist hoch, denn er fordert seine Seele. Immer tiefer sinkt er in die Finsternis hinein. Dabei versucht er, die Erinnerungen an seine vergangene Menschlichkeit und seine Liebe zu Kiretta zu bewahren, um sich nicht völlig in den Schatten zu verlieren. Doch dieser Kampf wirkt aussichtslos. Zugleich hat er sich gegen den Hass der Schattenherzogin Lisanne zu behaupten, die alles daran setzt, ihn für den Mord an Helion leiden zu lassen, so sehr wie sie selbst darüber gelitten hat.
Gleichzeitig mobilisieren die verfeindeten Fayé und die unterdrückten Menschen ihre letzten Kräfte, um einen Befreiungsschlag gegen die Schatten zu erwirken, die durch ihren Königswechsel und innere Intrigen geschwächt wirken. So werden ausgerechnet Bren und Lisanne gemeinsam in die Schlacht geschickt. Bren kämpft nun gegen äußere und innere Feinde, muss sich mit Dunkelrufern und Nachtsuchern auseinandersetzten und ganz besonders mit seinem veränderten Selbst und seiner dunklen Magie.
Meine Meinung
Dies ist der dritte und letzte Teil der Schattenherren-Trilogie und bringt die Geschichte zu einem guten Abschluss. Im Gegensatz zum zweiten Teil, der mit einem Abstand von etwa 50 Jahren weitergeführt wurde, setzt dieser Teil nahtlos an das Vorgängerbuch an. Haben wir im ersten Teil („Feind“) die Schattenherren aus der Sicht der unterdrückten Menschen kennen- und dort ihre beängstigende Macht fürchten gelernt, im zweiten Teil („Knecht“) dann aus der Sicht eines untergebenen Gardisten die besondere Faszination zu spüren bekommen, die die Schatten auf ihre Anhänger ausstrahlen, so haben wir hier im letzten Teil den Blickwinkel eines Schattenherren selbst eingenommen und die kompromisslose Macht selbst gespürt, die ein Osadro aus der Finsternis zieht.
Diese drei unterschiedlichen Blickwinkel haben die gesamte Trilogie zu einem besonderen Leseerlebnis gemacht, denn man erlebt die Welt aus drei Perspektiven, in die man sich jeweils sehr gut hineinversetzen kann, und bekommt damit einen besonders intensiven Eindruck von der düsteren Welt, die der Autor geschaffen hat. Dieser dritte Teil lässt den Leser dabei tief in die Finsternis sinken. Da man den neuen Schattenherren Bren bereits aus dem zweiten Teil kennt, kann man die veränderte Sichtweise vom Untergebenen zum Osadro besonders gut mitfühlen und auch den Charakter von der bisher immer ein bisschen unnahbar wirkenden Schattenherzogin Lisanne erlebt man hier hautnah mit. Es ist dabei erschreckend zu beobachten, wie die Menschlichkeit von der Finsternis aufgesogen wird. Und es ist erschreckend, wie sehr man beim Lesen nach und nach die Schattenherren in ihrer Kompromisslosigkeit versteht und ihr Handeln sogar nachvollziehen kann, während man sich gleichzeitig vor Schreck erstarrt fühlt. Der Autor geht keine Kompromisse ein, sondern lenkt seine Figuren konsequent durch die Geschichte. Er schreibt kein Märchen, in dem Wunder geschehen, und so darf der Leser sich nicht wundern, wenn die Figuren so handeln wie sie handeln müssen, weil sie sind, was sie sind.
Diese Konsequenz macht den besonderen Reiz aus. Man verinnerlicht so nach und nach das Wesen der Schatten, und wenn man doch wieder anfängt, menschlich zu denken, wird man vom Autor gerne wieder eines Besseren belehrt. Doch es gehört nicht nur Finsternis zu den Osadroi, sondern auch Magie, von der Bren hier eine besondere Form entwickelt. Und nicht zu unterschätzen ist die Macht der Erinnerung, die die Osadroi mit Beginn der Unsterblichkeit zu bewahren versuchen. Neben den Schattenherren erlebt man auch in diesem Teil wieder die Fayé, die ein ganz besonderes Ereignis erwarten und damit auf einen Sieg gegen die Schatten und einen Neuanfang hoffen. Und auch die Menschen bekommen einen schicksalhaften Platz in der Geschichte, um die scheinbar durch innere Intrigen abgelenkten Osadroi vielleicht doch noch zu besiegen. Besonders gefreut hat es mich dabei, bekannte Gesichter aus dem ersten Buch wiederzutreffen.
Ein düsteres und sehr spannendes Finale, in dem man einen Anhänger der Osadroi dabei begleitet, wie er selbst zu einem Schattenherren wird und dabei erkennen muss, dass die Erfüllung seines Traumes ihn tief in die Finsternis zieht und er sich fragen muss, was am Ende noch bleibt.