Bewertungsdetails

Spannendes Gedankenspiel
(Aktualisiert: 28 November 2018)
Gesamtbewertung
 
3.7
Plot / Unterhaltungswert
 
3.0
Charaktere
 
4.0
Sprache & Stil
 
4.0
1942, Weimar. Die Nazis sind an der Macht in Deutschland und befinden sich mit der Welt im Krieg. Doch in diesem Szenario steht ihnen das Weltnetz (eine Art heutige Form des Internets) zur Verfügung und somit die totale Überwachung. Was lässt sich damit anfangen? Kann damit der Krieg gewonnen werden?

Es ist ein wenig schwierig über den Inhalt oder gar das ganze Buch zu schreiben, weil es so viele verschiedene Facetten hat und dabei ein sehr sensibles Thema behandelt. Das Buch beschreibt eine Parallelwelt. Historische Ereignisse liegen zugrunde geschmückt mit dem Internet, was also niemals stattgefunden hat. Ich fand das Buch überraschend leicht zu lesen. Die Seiten flogen so dahin, während die Bedrückung über weite Teile bei mir ausblieb. Ich weiß aber, dass es anderen anders ging. Aber von vorne.

Eschbach nimmt sich die Zeit uns Leserinnen in seine erdachte Welt einzuführen. Wie kam es, dass es 1942 schon das Weltnetz gab? Was ist das Weltnetz? All das und noch mehr erklärt er direkt zu Beginn. Das hat mir sehr gut gefallen, weil es ein mühsames Eingewöhnen in die Welt erspart hat und man von Anfang an mittendrin sein konnte. Um zu verdeutlichen, was das Weltnetz kann, wird direkt zum Einstieg eine Szene gewählt, in der versteckte Juden anhand der Kalorienzahl, die Menschen einkaufen (Bargeld wurde schon vor einiger Zeit abgeschafft, so dass nur noch elektronisch bezahlt werden kann), gefunden werden. Ein bisschen plakativ stößt man hier direkt auf Anne Frank und ihre Familie. Danach macht Eschbach einen Zeitsprung zurück und wir lernen zwei der beteiligten Figuren und ihren Weg ins NSA (=Nationales Sicherheits-Amt) kennen: Helene und Eugen.

Unterschiedlicher können Figuren kaum sein. Helene ist schüchtern, aber sehr intelligent und somit eine der begabtesten Programmiererinnen. Ein Beruf, der damals als reiner Frauenberuf galt. Eugen will vor allem zwei Dinge: Dem Krieg entkommen und sich an ein paar Frauen rächen, die ihn als Kind gedemütigt haben. Dadurch "entdeckt" er seine Vorliebe für sexuelle Gewalt und lebt diese an den Frauen aus. Das gelingt ihm vor allem dadurch, weil er Zugang zu sämtlichen Daten hat. Durch Eugen wird also auch der private Missbrauch von Daten thematisiert. Doch ich habe in beiden Personen Entwicklungen gesehen, die mich durchaus gefesselt haben. So wird die Handlung durch diese beiden Personen getragen und im Gegensatz zu manch einer negativen Stimmen fand ich die Personen nicht zu einseitig dargestellt. Es stimmt zwar, dass die Facettenpalette eher schmal gehalten ist, aber dennoch nicht einseitig und vor allem - so empfand ich es - an die damalige Zeit angepasst wurde. Helene ist so das Produkt ihrer Gesellschaft, auch wenn gewisse Umstände sie in den Widerstand zwingen, so wäre sie aus eigenem Antrieb nicht dorthin gekommen.

Manche Ereignisse basieren auf vielen Zufällen. Ich habe das mit ein wenig Skepsis wahrgenommen, aber dadurch dass es der Spannung des Plots diente, konnte ich die so hinnehmen.

Alles in allem hat der Roman mich gut unterhalten, aber weniger zum Nachdenken gebracht, als ich anfangs gedacht habe. Zudem habe ich einen großen Kritikpunkt, was das Ende von Helene angeht. (Zumindest die Entscheidung von ihr kurz vor dem Ende.) Ich will darauf jetzt nicht zu detailreich eingehen, aber das war für mein Empfinden ziemlich unempathisch.

Dennoch lohnt sich das kleine Gedankenspiel, welches Andreas Eschbach hier verfolgt.
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