Ist Duschen im Dunkeln wirklich sinnvoll, um Strom zu sparen? Wofür entscheidest du dich, wenn im Supermarkt der gespritzte Granny Smith aus der Region neben dem Bioapfel aus Neuseeland liegt? Und welche Shampoo-Experimente aus der Kräuterküche kann man getrost vergessen? Vanessa Farquharsons hat ein Jahr lang jeden Tag eine ökologische Korrektur in ihrem Leben vorgenommen. Ihr Tagebuch zum Projekt "ökologisch korrekt und trotzdem sexy" ist schonungslos ═ und äußerst unterhaltsam
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Bevor Freunde (und nicht nur diese) mich als Öko-Tante bezeichnen, tue ich dies lieber selbst und so war der Schritt zu diesem Buch nur ein winzig kleiner für mich. Die Autorin, schon immer so ein bisschen "grün" angehaucht, schildert auf ihrem Blog Green as a Thistle (Grün wie eine Distel) 365 kleine Schritte, die Welt zu verändern. Welche Ökotipps taugen überhaupt etwas? Welche sind absoluter Quatsch? Jeden Tag etwas tun, sich kritisch mit der Umwelt auseinandersetzen - das sollte ein Jahr lang ihr Ziel sein. Die spontane Idee erschien ihr zwischendurch zwar nicht mehr als ganz so gelungen und jagte ihr sogar richtiggehend Angst ein, wie man dem folgenden Absatz entnehmen kann:
"Töricht". Dieses Wort lernte ich irgendwann in der Unterstufe kennen, und ich finde, es passt perfekt in folgenden Satz: "Dass ich mir 365 Schritte zu einem umweltverträglicheren Leben ausdenken und ein ganzes Jahr lang täglich darüber schreiben will, ist wahrscheinlich die törichteste Idee, auf die mein ansonsten neurologisch unauffälliges Hirn in den 28 Jahren seiner Existenz verfallen ist." Tatsächlich ist der einzige Gedanke, der mir momentan durch den Kopf geht, dass es bestimmt mit mir nie so weit gekommen wäre, wenn ich einen festen Freund und mehr soziale Kontakte hätte.
Wie wahr, wie wahr. Die meisten Einträge bescherten mir keine neuen Ideen zur Erweiterung meines Umweltbewusstseins (wenngleich ich bis zum Lesen des Buches nichts von veganer Zahnseide wusste). Aber Farquharson brachte mich schon das eine oder andere Mal zum Schmunzeln - vor allem, weil sie mir teilweise auch einen Spiegel vorhielt.
Leider verfällt die Autorin gerne mal in Schwafelei über ihr Leben, was den Fokus beispielsweise eher auf ihre Reiselust, ihr bedauernswertes Singleleben oder ein sexuelles Abenteuer mit einem attraktiven Veganer lenkt als auf die täglichen Ökotipps. Manche Tipps ließen mich sogar richtiggehend den Kopf schütteln ("Wegwerf-Monatsbinden durch waschbare aus Stoff verwenden" oder "Sich von Menschen massieren lassen, nicht von Sesseln oder elektrischen Geräten").
Die wirklich sinnvollen Öko-Tipps kannte ich bereits, was aber dem Lesespaß dennoch keinen Abbrucht tat. Vanessa Farquharson nimmt ihr Öko-Dasein mit einer großen Portion Humor und ganz ohne Fanatismus und es ist erstaunlich, welche Schwierigkeiten sich dabei trotzdem noch ergeben.
Ein schönes Fazit findet sich auf Seite 299 und das kann ich für mich auch so direkt übernehmen. Ich lebe schon länger in dem Bemühen, meinen ökologischen Fußabdruck zu minimieren, wehre mich aber genauso nachhaltig gegen Fanatismus:
Wenn ich 90 Prozent meiner Zeit im Einklang mit den mir selbst gesetzten grünen Normen lebe - Fertiggerichte und importierte Waren meide, auf Bauernmärkte gehe, biologisch und regional erzeugte Lebensmittel bevorzuge und so weiter - und die restlichen zehn Prozent meiner Zeit bewusst andere, weniger umweltfreundliche Dinge tue - etwa Cupcakes essen, die raffinierten Zucker, Farbstoffe und Maissirup enthalten -, dann werden Tugend und Laster letztlich in einem recht akzeptablen Verhältnis zueinander stehen. Zwar behaupten manche Umweltschützer, die Apokalypse durch die globale Erwärmung stehe unmittelbar bevor, und deshalb müssten wir alle unser Leben radikal ändern und könnten uns keinerlei Öko-Sünden mehr leisten, wenn wir überleben wollten. Aber was mich persönlich betrifft, weiß ich, dass ich auch nicht überleben kann, wenn ich nicht ab und zu ein bisschen über die Stränge schlage.
Obwohl der Autorin unsere Umwelt vorher nicht egal war, hat sie sich mittels ihres Blogs doch so intensiv mit ihr unbekannten ökologischen Themen befasst, dass dies ihr Leben nachhaltig beeinflussen konnte. Zwar gibt sie zu, nicht alle Veränderungen auch noch nach diesem Jahr beibehalten zu haben, dennoch sind es die kleinen Schritte, die unsere Welt durchaus verändern können. Sehr interessant schildert sie die Reaktionen ihrer Familie, Freunde und Bekannten, die ihr zuliebe oft die verschiedenen ökologischen "Ticks" mitmachen. In "meiner" Welt wird man für solche Bemühungen leider noch immer eher belächelt.
Übrigens: Vanessa Farquharsons Blog Green as a Thistle ist viel ausführlicher. Im Buch werden nicht alle Tage ausgeführt. Mit- bzw. Nachlesen lohnt sich, denn sie schreibt weiterhin fleißig und berichtet über ihr ökologisches Leben.
Auch dem Bastei Lübbe Verlag bzw. der Birgit Schwarz muss ich ein dickes Lob für die Gestaltung des Buches aussprechen: Dieses grüne Schaf mit Flower-Power-Gedanken auf altpapiernem Hintergrund unterstreicht fröhlich die Aussage des Inhalts. Stark!