Mani Beckmann: Moorteufel

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Mani Beckmann: Moorteufel

Autor

Biografie & Bibliografie von
ET (D)
1999
Ausgabe
Taschenbuch
ISBN-13
9783404142729

Informationen zum Buch

Seiten
525

Sonstiges

Erster Satz
Warum sitze ich hier bei flackerndem Kerzenschein in meiner Kammer und schreibe meine Geschichte nieder?

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Karwoche 1814. In Europa toben die Befreiuungskriege gegen Napoleon, die Welt ist in Aufruhr. Auch das Leben des westfälischen Bauernsohns Jeremias Vogelsang, der sich mit anderen geduldeten Deserteuren in seiner Heimat aufhält, gerät aus den Fugen. Vorgeblich, weil Jeremias desertiert ist, in Wahrheit jedoch, um sich des unerwünschten Liebhabers seiner Tochter zu entledigen, ruft Amtmann Boomkamp zur Hatz auf "den Verräter" auf. Von Gendarmen gejagt, bleibt Jeremias nur die Flucht ins Moor, das auch allerlei lichtscheuem Gesindel Zuflucht bietet - eine schicksalhafte Entscheidung, wie sich bald zeigt. Denn hier kommt Jeremias einem Rätsel der Vergangenheit auf die Spur, einem Geheimnis, das sein eigenes Leben umgibt.

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Jeremias Vogelsang schreibt am Ende seines Lebens einen Bericht: einen Bericht über die Ereignisse, die in der Karwoche des Jahres 1814 das im westlichen Münsterland nahe der holländischen Grenze gelegene Ahlbeck erschütterten. Napoléon ist zwar geschlagen, aber der preußische Landsturm zieht immer noch junge Männer zum Kampf gegen den Franzosen ein, die aber nirgendwo komplett antreten. Auch in Ahlbeck gibt es – zum Verdruß des Amtmanns Boomkamp – einige "Deserteure". Einer davon ist Jeremias, den Boomkamp bei einem Auftritt in Ahlbeck als vaterlosen Bastard bezeichnet. Wütend wirft Jeremias einen Stein so auf den Amtmann, daß dieser vom Pferd fällt. Nach Hause zurückgekehrt erfährt er, daß er tatsächlich ein Findelkind ist. Jeremias würde zwar gerne sofort mehr darüber erfahren, aber er läßt sich überreden, vorerst gegen den Amtmann im Moor Schutz zu suchen. Das abgebrannte Haus des Moorhofes, nicht weit vom Schulzenhof, scheint ideal, da allgemein bekannt ist, daß es dort spukt. Jeremias trifft dort überraschenderweise auf den früheren Schulzen Bernhard Lanvermann, der unter merkwürdigen Umständen (er soll seine Frau getötet haben) verschwand. Bernhard war in Napoléons Armee und ist jetzt zurückgekommen, um an seinem jüngeren Bruder, den er für die Tat verantwortlich macht, Rache zu nehmen. Dafür hat er sich, was er Jeremias nicht erzählt, der Hilfe einer Räuberbande versichert. Jeremias beginnt, verschiedene Nachforschungen anzustellen, weil ihm schwant, daß die Geschichte um den erhängten Moorbauern mit seinem abgebrannten Hof und seiner seit dem Brand verschwundenen Frau, die Geschichte um Bernhard Lanvermann, dessen Frau und jüngeren Bruder (den jetzigen Schulzen) und seine eigene Herkunft miteinander verbunden sind. Inzwischen bereitet nicht nur Bernhard seine Rache, sondern auch Amtmann Boomkamp eine "Strafexpedition" gegen Ahlbeck vor.

Mani Beckmann hat hier einen historischen Roman vorgelegt, der sich in mehrerlei Hinsicht positiv heraushebt. Die "große Geschichte" in Form des europäischen Ringens gegen Napoléon liefert hier nur die Hintergrundfolie und diese Rahmendaten sind korrekt, was leider nicht selbstverständlich ist. Die Darstellung dörflichen, vor allem bäuerlichen Lebens (soweit es hier von Bedeutung ist) ist gelungen, das Milieu wirkt nicht konstruiert oder aufgesetzt. Einzig als der Scherenschleifer auf den Schulzenhof kommt und Jeremias über dessen Funktion als Nachrichtenübermittler erstaunt, war diesbezüglich ein Bruch festzustellen, denn man kann wohl davon ausgehen, daß Jeremias das "fahrende Volk" in dieser Funktion eigentlich auch kannte und nutzte. Selbst die beschriebene Landschaft paßt sich in diese Erzählung ein und spielt eine eigene Rolle.

Bedächtig wie die Menschen hier im großen und ganzen sind, ist auch der Erzählstil: Selbst in den dramatischen Momenten bleibt noch Zeit für klärende Gespräche. Zusätzliche Atmosphäre gewinnt die Geschichte durch die verwendeten niederdeutschen und rotwelschen Begriffe in den Dialogen. Diese sind, nebst einigen Anmerkungen zu Personen und Orten, in einem mehrseitigen Glossar am Ende erläutert. Mir sind viele dieser Begriffe als Alltagssprache auch im Ruhrgebiet durchaus vertraut, aber für "Regionsfremde" ist dies sicherlich sehr nützlich. Die Zahl der Handlungsorte ist überschaubar, sorgt aber zusammen mit der Konzentration der eigentlichen Geschichte auf nur vier Tage für hinreichend Bewegung und Farbigkeit. Die Menschen sind stark von ihrer Umgebung geprägt, wirken aber authentisch, selbst in den Nebenfiguren. Von den wichtigeren Personen war einzig Jeremias von Beginn an relativ klar einzuordnen, bei den übrigen (ob zum Zeitpunkt der Handlung lebend oder tot) schwankte ich durchaus zwischen Sympathie und Antipathie, je nach gerade servierter Information, anhand derer ich gerne mit Jeremias über die Zusammenhänge und seine Herkunft mitgerätselt habe – auch wenn ich das Ergebnis früher als er kannte oder wenigstens vermutete.

Durch die Strukturierung in mehrere Teile, die nochmals in Kapitel untergliedert sind, bekommt man sehr lesefreundliche Abschnitte, die leicht zu einem Weiterlesen verleiten. Die Schrift ist zwar in augenfreundlicher Größe gehalten, aber bedauerlicherweise wurde sehr weit in die Buchmitte gedruckt, so daß ein Lesen ohne Knicken des Buchrückens (wenn man darauf Wert legt) zu einer anstrengenden Angelegenheit wird.

Wer einen historischen Roman sucht, der nicht unbedingt die großen Ereignisse und bedeutenden Personen in den Mittelpunkt stellt, dafür aber eine stimmige Geschichte mit guten Lokalkolorit erzählt, der kann hier zugreifen.

A
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